Versteckte Gefahr – Legionellen im Trinkwasser: Praxisbericht Desinfektion
01.04.2020
Eine Nachricht, die in den letzten Wochen und Monaten vermehrt in den Medien zu lesen war: Turnhallen oder Schwimmbäder geschlossen – wegen Legionellenbefalls. Gerade in den Sommermonaten steigt die Gefahr, denn die Bakterien vermehren sich mit Vorliebe bei wärmeren Temperaturen.
So lautete auch die Hiobsbotschaft in einer Gemeinde in Baden-Württemberg. Die Heizungsanlage und weitere Installationen einer Sporthalle sollten erneuert werden. In diesem Zusammenhang wurde eine Beprobung des Trinkwassers durch das Planungsbüro in Auftrag gegeben. Es stellt sich heraus, dass es die erste Trinkwasserbeprobung nach dem Bau der Sporthalle vor 29 Jahren ist – obwohl eine regelmäßige Überprüfung gesetzlich gefordert ist. Ergebnis: Eine extrem hoch kontaminierte Trinkwasserinstallation mit Werten von mehr als 175-fach über Normalwert.
Wie gefährlich sind Legionellen?
Legionellen bergen eine große Gefahr für die menschliche Gesundheit. Nach Schätzungen des Umweltbundesamtes erkranken jedes Jahr allein in Deutschland ca. 30.000 Menschen an einer Lungenentzündung, die durch Legionellen hervorgerufen wird. Die Sterberate von Legionellose in Deutschland liegt derzeit bei ca. 7%.
Die Bakterien vermehren sich in der Trinkwasserinstallation dort, wo Wasser stagniert und kein Wasseraustausch stattfindet. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn selten oder gar nicht genutzte Leitungen noch am Versorgungsnetz hängen oder andere technische Mängel vorliegen. So können Mietwohnungen, die über einen längeren Zeitraum nicht genutzt worden sind, zu einem Risikofaktor werden, denn im schlimmsten Fall kann das Trinkwassersystem des ganzen Hauses kontaminiert werden.
Legionellen können sich aber auch durch Bildung von Biofilmen lange Zeit an Oberflächen halten, wenn hierfür günstige Bedingungen vorhanden sind. Legionellen vermehren sich maßgeblich dann, wenn die Temperaturen im Warmwassersystem zwischen 25 und 50°C liegen. Eine Übertragung ist im Prinzip durch Kontakt mit Leitungswasser möglich, wenn die Legionellen in Form von Aerosolen (Tröpfchen) in tiefere Lungenabschnitte gelangen. Vor allem Duschen, Systeme wie Klimaanlagen, Luftbefeuchter, Whirlpools, Nebelerzeuger, Brunnen, etc. bergen die Gefahr einer Infektion.
Was passiert bei einem Legionellenbefall?
Aus diesem Grund wurden die Duschen in der Baden-Württembergischen Sporthalle umgehend gesperrt. Wie es in Sporthallen üblich ist, werden die Duschen in den Umkleideräumen sehr unterschiedlich oft benutzt. Tagsüber findet meist Schulsport statt, abends der Vereinssport – der in den Sommermonaten vermehrt draußen stattfindet. Die ganze Kapazität der Duschen wird nur einmal im Jahr bei einem größeren Turnier genutzt. Daher steht das Wasser oft in den Leitungen und fließt zu selten und zu wenig. Zudem existieren auch Stagnationsleitungen.
Die Trinkwasserbeprobung wurde, wie nach Norm vorgeschrieben, von einem zertifizierten Unternehmen ordnungsgemäß durchgeführt. Die Installation der Sporthalle besteht aus einem 2.000 Liter Pufferspeicher, 14 Duschplätze und weitere diverse Zapfstellen wie WC-Waschbecken, die Küche oder Technikräume.
Aus der Beprobung ergaben sich Werte von bis zu 17.600 KBE (kolonienbildende Einheiten) an Duschen und Waschbecken. Auf Grund des hohen Gesundheitsrisikos enthält die Trinkwasserverordnung einen technischen Maßnahmenwert von 100KBE pro 100ml. Bei Überschreitung dieses Wertes müssen Maßnahmen zur hygienisch-technischen Überprüfung der Trinkwasserinstallation im Sinne einer Gefährdungsanalyse durch den Betreiber eingeleitet werden.
In diesem Falle waren unverzüglich Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen durzuführen. Diese beinhalten eine Ortsbegehung und Prüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Weiterhin ist eine Gefährdungsanalyse zu erstellen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten. Die ergriffenen Maßnahmen müssen unverzüglich an das Gesundheitsamt gemeldet werden.
Die Maßnahmen in Baden-Württemberg beinhalteten unter anderem zunächst die Schließung der Duschen und Waschanlagen sowie die Beauftragung der Desinfektion der kompletten Installation.
Desinfektion der Sporthalle
Die Desinfektion der Trinkwasserinstallation erfolgte durch die Zusammenarbeit der Firma BEULCO mit dem Hygienedienstleister Ralf Spieker. Die neuartige Desinfektionsanlage des Unternehmens überzeugte die Verantwortlichen in Baden-Württemberg auf Grund ihrer Kompaktheit und der Möglichkeit des mobilen Einsatzes. Das dazugehörige Desinfektionsmittel BEULCO Clean ist schnell, effektiv und umweltfreundlich, sodass es risikofrei eingesetzt werden kann.
Auf Grund der hohen Kontamination vor Ort wurde das Desinfektionsmittel im Rahmen einer Stoßdesinfektion im Mischverhältnis 5% zentral nach dem Wasserzähler in den Trinkwasserkreislauf eingeführt. Die Desinfektion erfolgt sowohl im Kalt- als auch Warmwasserbereich. In normalen Fällen reicht eine Dosierung mit 3% vollkommen aus, da das Mittel auch in geringer Konzentration effektiv wirkt. Bei der Desinfektion einer kompletten Anlage ist darauf zu achten, dass das Desinfektionsmittel auch den letzten Punkt der Installation erreicht, um eine Rückverkeimung zu vermeiden.
Die desinfizierende Wirkung von BEULCO Clean kann über den Redox-Wert ermittelt und nachverfolgt werden. Der Redox-Wert (oder Redox-Spannung) wird in Milli-Volt gemessen und ist ein Maß für die keimtötende und oxidative Wirkung von Desinfektionsmitteln in Wasser. Je höher der Redox-Wert, desto niedriger ist die Verunreinigung des Wassers und der Anlagenteile.
Während des Desinfektionsvorgangs wurde der Redox-Wert an jeder Zapfstelle (Duschköpfe, Auslaufventile, Waschtischarmaturen, etc.) gemessen, um zu prüfen, ob das Desinfektionsmittel wirkt und ob der benötigte Redox-Wert erreicht wird. Wird bei einer 5%-igen Dosierung ein Wert von 750mV an jeder Zapfstelle erreicht, ist die Anlage nach aktuellem wissenschaftlichem Stand keimfrei.
Anschließend wurde die Installation für einen Zeitraum von 1,5 Stunden stillgelegt, um sicherzugehen, dass auch nach dieser Zeit die Werte in entsprechender Höhe vorhanden sind. Nach positiver Messung wurden die Werte am Folgetag erneut kontrolliert. Der Redox-Wert [mV] war über Nacht wieder auf einen relativ niedrigen Wert zurückgefallen. Dies ist jedoch ein positives Zeichen, da der Abbau der mV-Zahl angibt, dass der Biofilm, organische Belastungen und Keime abgebaut und vernichtet worden sind. Anschließend wurde nochmals mit einer 3%-Dosierung nachdesinfiziert, bis der Redox-Wert sich wieder auf 700mV an allen Zapfhähnen eingependelt hat.
Die Trinkwasserinstallation hat anschließend für weitere zwei Tage geruht. Am dritten Tag wurde die Anlage komplett durchgespült und es folgte eine erneute Probenahme an allen Zapfstellen, die an das zuständige Gesundheitsamt geschickt wurden.